Einmal klar und verständlich für den Laien: Was macht der Soundmann während eines Konzerts?

Der Soundmann sitzt am Mischpult und mischt die Instrumente. Er bearbeitet also die Signale, die er mit Mikrophonen auf der Bühne abnimmt und überträgt das dann in den Saal, in die Halle oder auf das Open-Air-Gelände. Es fließt eigentlich alles von der Bühne beim Soundmann zusammen, und der mischt das in die Boxen, die links und rechts hängen, und versieht das noch mit einigen Effekten. Es gibt außerdem noch den Monitorsound auf der Bühne, um den sich Horst Hartmann kümmert. Mein Mischpult steht aber "Front Of House", in der Mitte der Halle. Und da brauche ich immer auch noch Sven Waldheim als Systemingenieur, weil das heutzutage alles rechnergestützt läuft.

Du bist jetzt seit 1996 für den Live-Sound der Hosen verantwortlich. Wo bist Du durch Deinen Beruf schon überall rumgekommen?

Mit den Hosen war ich auf Kuba, in Mexiko, Peru, Chile, Uruguay, Paraguay und schon viermal in Argentinien. Die außergewöhnlichsten Shows habe ich aber in den 80ern gemacht: sechs Konzerte in Bagdad. Das war ein Package von verschiedenen Bands: Eruption aus England, die Gibson Brothers aus Frankreich und eine französische Mädchenband. Ich habe auch schon in Beirut im Libanon gearbeitet und dort Shows in verschiedenen Hallen und im Casino gemacht. Und außerdem war ich auch schon mal in Syrien beschäftigt, in Damaskus und in Aleppo, und einmal war ich auch in Amman in Jordanien.

War es damals ähnlich gefährlich wie heute, als Europäer in diese Gebiete zu fahren?

Das war schon immer brisant. Da durfte man keine amerikanischen Symbole und keine Sterne tragen. In Beirut wurde auch mächtig geschossen, der Bus durchsucht und ähnlicher Zinnober gemacht.

Das war schon immer brisant. Da durfte man keine amerikanischen Symbole und keine Sterne tragen. In Beirut wurde auch mächtig geschossen, der Bus durchsucht und ähnlicher Zinnober gemacht. Ich würde es keinem raten, dort selbst mit einer Waffe rumzulaufen (lacht). Wir hatten eine französische Anlage mit, die auf einem offenen LKW transportiert werden musste. Teilweise haben wir die Sachen auf dem Führerhaus festgebunden. Und beim Abladen schmissen sie das Mischpult einfach von der Ladefläche. Das ist wirklich wahr, das war sehr abenteuerlich.

Wie bist Du an die Musik gekommen, wie wurde daraus Dein Beruf?

Ich habe seit 1968 selbst in einer Band gespielt. Das war immer Rock, was wir gemacht haben, allerdings noch nicht mit deutschen Texten. Das kam erst später, dass ich mich ein bisschen darauf spezialisiert habe. Ich finde es einfach gut, wenn man in der Sprache zum Publikum spricht, in der man sich am besten ausdrücken kann und die das Publikum auch versteht. Sonst kriegt man immer nur die Schlüsselwörter im Refrain mit. Bei Bon Jovi ist es aber vielleicht auch ganz gut, wenn man das nicht alles versteht (lacht). Wir wohnten auf jeden Fall in den 70er Jahren in der Nachbarschaft einer anderen Band, mit der wir dann immer die Anlagen zusammen geschmissen haben. 1976 habe ich dann begonnen, das beruflich zu machen. Und in den 80er Jahren bin ich mit Kraftwerk auf Tour gegangen, ja auch eine Düsseldorfer Band. Das hat viel Spaß gemacht, die waren irgendwie anders, hatten andere Ansichten zu den Dingen. Die haben mich auch sehr geprägt, zumindest trage ich seitdem schwarze Kleidung (lacht). Und ich arbeite seit 1984 auch noch für einen anderen Düsseldorfer, Marius Müller-Westernhagen.

Und in den 80er Jahren bin ich mit Kraftwerk auf Tour gegangen, ja auch eine Düsseldorfer Band. Das hat viel Spaß gemacht, die waren irgendwie anders, hatten andere Ansichten zu den Dingen. Die haben mich auch sehr geprägt, zumindest trage ich seitdem schwarze Kleidung (lacht). Und ich arbeite seit 1984 auch noch für einen anderen Düsseldorfer, Marius Müller-Westernhagen.

Du hast aber nicht nur als Soundmann gearbeitet, sondern auch als Produktionsleiter...

Ich habe seit 1976 von nichts anderem gelebt als dem Tournee- und Soundgeschäft. Bis vor einem Jahr habe ich das freiberuflich gemacht. Jetzt bin ich mit 51 Jahren zum ersten Mal in meinem Leben angestellt, habe eine Vertretung für Equipment übernommen. Die große Diskrepanz in meinem Berufsleben ist aber, dass mich viele nur als Soundmann ansehen. Dabei habe ich auch immer ganz viel mit der Gesamtproduktion zu tun. Produktion bedeutet, dass man sich um das Zusammenstellen von Trucks, Bussen und Crew kümmert. Zu klären sind auch Fragen der Technik, des Lichtdesigns und viele andere logistische Geschichten. Bei den Hosen habe ich die Produktion ab 1988 gemacht, also als ich noch gar kein Soundmann war. Damals habe ich allerdings ausschließlich Leute dafür eingesetzt und bin deshalb nur selten selbst mit auf Tour gefahren. Mittlerweile ist Christof Matthiesen Produktionsleiter.

Glaubst Du, dass es noch mal Bands geben wird, die wie die Hosen 20 Jahre erfolgreich durchhalten?

Es gibt sehr viele interessante junge Bands in Deutschland, die aber nur auf Festivals oder auch als Vorband bei den Hosen zum Zug kommen. Die Beatsteaks sind zum Beispiel sehr gut, auch vom Entertainment her. Gerade daran fehlt es natürlich vielen. Es kann halt nicht jeder so gut sabbeln wie Campino (lacht). Es gibt auf dem Markt aber einfach zu viele CDs von Bands, die längst tot sind. Und dadurch ist der Markt leider auch schon gesättigt.

Was war das größte Konzert, an dem Du jemals beteiligt warst?

Das war Westernhagen in Hamburg, da waren mehr als 100.000 Leute da. Das war natürlich nicht in einer Halle, das Konzert hat auf einer Trabrennbahn stattgefunden. 1989 war ich außerdem mal beim "Moscow Music Peace Festival" beschäftigt. Da haben wir zwei Tage lang im Olympiastadion von Moskau gearbeitet, da waren bestimmt auch 120.000 Leute drin. Da sind damals Ozzy Osbourne, Bon Jovi, Metallica und die Scorpions aufgetreten.

Du hast also nicht nur für deutsche Bands gearbeitet?

Durch die Scorpions waren wir natürlich auch viel international unterwegs, vor allem in den USA. In Europa haben wir dann auch lange Jahre Bon Jovi betreut. Wir haben dann sogar das "Monsters Of Rock" in Donington beschallt, weil Bon Jovi da Top-Act waren. Dieses Festival war auch gigantisch groß und überall, wo man hinsah, standen Hardcore-Heavy-Metal-Fans. Das Absurdeste in Donington ist, dass die dort Zwei-Liter-Plastikflaschen mit rein nehmen dürfen. Die saufen den Inhalt dann aus, pissen rein und schmeißen die Flaschen von hinten nach vorne. Nachmittags, als die Sonne noch am Himmel stand, verdunkelte sich dann manchmal der Himmel, weil so viele Flaschen in der Luft waren! Beim Umbau wurde da immer ein doppeltes Netz aufgezogen. Und vor der Bühne haben acht Leute in Gummianzügen nichts anderes getan, als Pisseflaschen wegzutragen. Und außerdem hat das Publikum mit Steinen und Schlamm geschmissen. Das war bei englischen Festivals in den 80ern halt so.

Und vor der Bühne haben acht Leute in Gummianzügen nichts anderes getan, als Pisseflaschen wegzutragen. Und außerdem hat das Publikum mit Steinen und Schlamm geschmissen. Das war bei englischen Festivals in den 80ern halt so.

Fandest Du das denn eher ekelhaft oder war es aufregend und gehörte einfach zum Rock'n'Roll-Leben dazu?

Es gehörte einfach dazu. Das aufregendste Konzert meines Lebens habe ich aber 1996 mit den Hosen in Argentinien erlebt. Das war das Ramones-Abschiedskonzert im River-Plate-Stadion mit Iggy Pop. Da war es schon sehr aufregend, durch das Publikum zum Mischplatz zu gehen. Man musste sich da so durcharbeiten. Und die Fans haben die ganze Zeit auf die Bühne und über die Barriere gerotzt. Das war das erste Mal in Argentinien für mich und dann gleich in so einem Stadion! So viele Verletzte, so viele Platzwunden hatte ich vorher noch nie gesehen. Das Klima ist dort wirklich etwas rauer. Und das war damals ein komisches Gefühl, mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.

Was ist das Besondere am Hosen-Konzertpublikum?

Was ich bei den Hosen besonders beeindruckend finde, das sind die Fans, die wirklich zu jeder Show mitfahren, egal wo das ist. In Buenos Aires saßen sie im November alle neben dem "El Teatro" in einer Kneipe. Die nehmen ja richtigen Stress auf sich, fliegen 14 Stunden hin, sind dann einen Tag da, und fliegen dann 14 Stunden zurück. Das ist für mich das Besondere an den Hosen, das kenne ich sonst von keiner anderen Band, außer vom Hörensagen von Grateful Dead.

Du bist auch bei den kleineren Konzerten dabei, was war dabei 2002 herausragend?

Die Zugspitze, Rottweil und Helgoland. Du machst ja nicht alle Tage einen Gig auf der Zugspitze oder spielst vor 600 schreienden Mädels. Und auf Helgoland ist man auch nicht wirklich so oft...

Was ist denn schwieriger zu beherrschen, die kleinen Konzerte oder die großen Hallen?

In den großen Hallen ist der Druck, der auf den Technikern lastet, viel größer. Im Club könnte man ja zur Not Richtung Bühne rufen: "Macht mal einen Augenblick Pause!" In Hallen ab 10.000 Leuten aufwärts ist das immer viel anstrengender. Man darf ja keinen Fehler machen, weil man sonst sofort auf der Homepage die Beschwerden lesen kann (lacht).

Gab es denn irgendwelche Schwierigkeiten bei der "Auswärtsspiel"-Tour?

Man steigt ja bei so einer Geschichte ganz tief ein, kennt alle Stücke in- und auswendig. Und natürlich hat man auch ein Lieblingsstück. Mein Lieblingsstück war diesmal "Nur zu Besuch", da habe ich Campino auch noch so einen Extrahall auf die Stimme gelegt. Das hat mich dann aber immer selbst so gefangen genommen, dass ich am Anfang der Tour Schwierigkeiten hatte, rechtzeitig auf das nächste Stück "Unsterblich" umzuschalten. Ich habe mir das dann extra auf meinem Zettel rot angestrichen, so dass der Übergang hinterher immer reibungslos funktionierte.

Das Charakteristische ist die Balance zwischen den beiden Gitarren und die der Gitarre zur Stimme. Bei den Hosen kommt die konstruktive Kritik übrigens nicht nur von Kiki und Jochen Hülder, da kommen nach der Show auch mal die mitreisenden Fans, die immer da sind, vorbei und sagen, wie es hinten geklungen hat. Die sagen mir, ob es laut genug war, die sagen mir aber auch, wenn es mal scheiße geklungen hat - was aber manchmal auch einfach an den Soundverhältnissen der Halle liegen kann.

Hat es für Dich jemals eine Rolle gespielt, ob Du die Musik magst, die Du abmischst?

Ein amerikanischer Produktionsmanager hat mal auf diese Frage zu seinem Künstler gesagt: "I love your music and I call you Sir." Wenn man professionell arbeitet, steht man irgendwie automatischen auf "seinen" Künstler. Das ist ja auch so ein gruppendynamischer Prozess (lacht). Klar gibt es auch Musik, die ich scheiße finde, zum Beispiel Modern Talking.

Kannst Du Dir vorstellen, irgendwann mal nicht mehr auf Tour zu arbeiten?

Nein, das ist ja irgendwie so eine Sucht. Man flucht zwar drauf, sagt auch mal: "Ich hasse Konzerte", aber den Adrenalinschock, wenn dann wieder mal das Hallenlicht ausgeht, braucht man eben trotzdem.